Donnerstag, 21. Dezember 2023

Notizen Dezember 2023

Notizen Dezember 2023



Arthur Machen (1863 - 1947)

The Three Impostors (1895)
Ein bemerkenswertes und überaus ungewöhnliches Werk. Vom Grundkonzept könnte es sich um ein einhundert Jahre jüngeres Buch der Postmoderene handeln.
Warum? Weil es letzlich eine Sammlung von Geschichten über "übernatürliche" Vorkommnisse handelt, die aber von den "Impostors" vorgetragen werden und vermutlich so gar nie stattgefunden haben.
Das erkennt der Leser erst später im Verlauf der Erzählung und wird immer wieder dazu gezwungen, diese "Berichte" zu relativieren. 
Am Ende bleibt offen, was "wirklich" stattgefunden haben könnte, wie viel an den Geschichten Erfindung und Täuschung war. Es wird eine Reihe von Geschichten innerhalb von Geschichten erzählt, einige doppelt verschachtelt, mit Geschichten in sich. All diese fragmentarischen Teile sind verbunden, wenn auch, weil aus den Interessen der "Impostors" her bewusst irreführend dargestellt, jeweils falsch und vorläufig, mit der Suche nach einem jungen Mann mit Brille und einer Goldmünze.
Diesen "wirklichen" Hintergrund der Geschichte, der die Rahmenhandlung darstellt, muss der Leser selbst konstruieren und viele Aspekte, viele Details bleiben offen.
Lediglich die vielen Verbindungen zwischen Personen an verschiedenen Orten (v.a. Londons) erscheinen etwas zu konstruiert und unglaubwürdig und sind auch nicht auf Basis der im Hintergrund ablaufenden "Intrige" glaubhaft zu motivieren.
In "Novel of the Black Seal" stellt Machen wieder einmal seine theoretischen Ansichten zu übernatürlichen Erscheinungen dar und an dieser Stelle wird die Erzählung etwas lang(weilig). Hier geht es immer wieder (wie auch in The Great God Pan) um ein etwas altbackenes christliches Konzept der Sünde bzw "des Bösen" auf dem Boden per se moralneutraler heidnischer Bräuche und Riten, die zu Orgien sexueller Natur stilisiert werden. Der Horror, der daraus hervorgehen soll, erscheint heute etwas schwer nachvollziehbar, wo er nicht in der Verletzung der Beteiligten oder gar deren Verschwinden kumuliert.
Diese Konstruktion einer "Horror-Welt", dieses Verankern von "Horror-Stories" in Weltanschauungen und diversen historischen und kulturellen Versatzstücken aus einer Perspektive eines eigentümlichen Spiritismus weist stark auf Lovecraft und seine Epigonen voraus. 
Aber insgesamt: ein faszinierendes kleines Werk, das speziell aufgrund seiner gewollten Vagheit sehr stark (nach-)wirkt.


Oscar Adolf Hermann Schmitz (1873 - 1931)

Haschisch (1902)
Eine Sammlung von kurzen Geschichten, weniger von übernatürlichem als von erotischem Charakter.
Ein bemerkenswertes Buch, das heute vermutlich schnell als Sammlung verquerer Männerphantasien des patriachalischen Fin de Siecle abgetan wird.
Interessant sind m.E. besinders Parallelen und Unterschiede z.B. zu Machens "Impostors".
Ich würde diese kleine Sammlung, von der Rahmenhandlung des Besuchs eines "Haschischklubs" durch den Ich-Erzähler zusammengehalten ebenfalls der Dekandenzliteratur zurechnen.
Hier wird aber, etwas an die französche Literatur der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts erinnernd, das sexuell traumhaft-abgründige ausgelotet, weniger moralisierend-dämonisierend als die viktorianischen Schriftsteller, die aus dieser Richtung Schauer- und Horror-Literatur mitbegründet haben.
Und das in einer Form, die aus einem puritanischen Reflex heraus, die Unterhaltungsliteratur bis heute stark bestimmt.
Die Proponenten der kontinentaleuropäischen Dekadenz aber maßen sich an, Herr über die Ausschweifungen, "Täter" zu sein und verfallen nicht in puritanisch-christlicher Angst vor der Sünde, dem Dämonischen, der Späre des Satanischen.
Es kommt hier nicht zum Horror, es bleibt beim dekadenten Genuss, endet wenn, dann eher im Ekel und um Überdruss.


Folgende Episoden werden erzählt:

Der Haschischklub
   Die Rahmenhandlung des Besuchs des Haschischklubs wird aufgebaut.
Die Geliebte des Teufels
   Erzählung einer erotischen Phantasie des Verkehrs mit einer Unbekannten, der Reiz geht hier von der Unsichtbarkeit der Sexualpartnerin in der Dunkelheit aus, der den visuellen Raum vollständig für die Phantasie offen lässt.
Eine Nacht des achtzehnten Jahrhunderts
   Eine Vision des Ich-Erzählers von einer radikal-sadistischen Origie im Frankreich des Jahres 1768.
Karneval
   Eine Erzählung, die ihren Höhepunkt im sexuellen Verkehr mit einer sterbenden, (fast?) toten Frau während des venezianischen Karnevals hat.
Die Sünde wider den Heiligen Geist
   Hier geht es um den Versuch einer satanistischen Gruppe, eine Unschuldige zu einer "Todsünde" zu verleiten.
   Und das in Spanien einer unbekannten Vergangenheit, aus kalter Berechnung, ohne "Wahnsinn", Drogen oder Spritismus.
Die Botschaft
Der Schmugglersteig


Algernon Blackwood (1869 - 1951)

The Wendigo (1910)
Nicht zu Unrecht eine der bekanntesten Erzählungen Algernon Blackwoods. Trotzdem werden "The Willows" immer meine Lieblingsgeschichte dieses Autors bleiben.

The Wood of the Dead (1906)
Eine der etwas weniger beeindruckenden Geschichten Blackwoods. Wirkt wie eine etwas platte Gespenstergeschichte.
Lediglich der einsame Wanderer und die stimmungsvolle Beschreibung der Natur wird mir in Erinnerung bleiben.


Gabriele Amorth (1925 - 2016)

An Exorcist, More Stories (1992)
Zugegeben wurde meine Erwartungshaltung hier enttäuscht. Erhofft hatte ich mir die Darstellung "Realer Fälle".
Auf den ersten 100 Seiten entfaltet Amorth allerdings eher theoretisch, wo er das Wirken Satans und der Dämonen sieht, und die Beispiele sind u.a. Astrologie, Yoga, Pop (v.a. Rock) Musik und sogar Unterhaltungsromane sowie diverse Fernsehsendungen.
Wenn sich hier jemand durchquält, gelangt man dann endlich zu Darstellungen z.B. von (mehr als?) depressiven Menschen, deren Verhalten sich aus christlicher Sicht "Besessenheit" darstellt und die mit den Mitteln "moderner" Psychologie im Einzelfall nicht zu heilen waren.
Ganz wenige solcher interessanter Fälle von Geisteskrankheit", die über das Konzept der Krankheit hinauszugehen scheinen, verstecken sich in diesem eher langwierigen Buch.
Dort finden sich dann tatsächlich interessante Aspekte, die zu Nachdenken über die sozialen Strukturen der "westlichen" Gesellschaften in "kapitalistischen Demokratien" anregen.


Joseph Haydn (1732 - 1809)

Klavierkonzert Hoboken-Verzeichnis XVIII:3 (1765 ~ 1767)
1. Allegretto
2. Largo cantabile
3. Presto

Instrumentierung mit Klavier: z.B.: https://www.youtube.com/watch?v=L0YeM6965rs