Montag, 1. Juli 2019

Notizen Juli 2019


Virgine Despentes (*1969)

Das Leben des Vernon Subutex 3 (2017)

Die Trilogie abgeschlossen...und vorherrschend bleibt Enttäuschung über diese hochgelobte Romanserie.
Die Stärke liegt in der prismenartigen Darstellung einer umfangreichen Reihe von Charakteren der französischen Gesellschaft - die Breite und der Tiefgang beeindrucken.
Doch bei genauerer Überlegung handelt es sich doch um einen etwas beschränkten Ausschnitt von Charakteren, aus einem Blickwinkel und auf der Basis von Überzeugungen dargestellt, die wahrscheinlich nur einer bestimmten Bevölkerungsschichte Europas (und eventuell Nordamerikas) - in Alter von 40 bis 60 Jahren nachvollziehbar sein kann. Der Vorteil des Romans ist, dass es vermutlich genau diese Bevölkerungsgruppe ist, die die meisten Bücher konsumiert & dort ihr Unbehagen mit dem Weltverlauf wiederfindet und bestätigt bekommt.
Die Reihe der dargestellten "Globalisierungsverlierer" ist so lange, dass im ersten Band Langeweile aufzukommen droht - im zweiten Band läuft Despentes dann zur Hochform auf. Die Schicksale ziehen den Leser in den Bann, sind - sogar noch in der weit hergeholten Figur des Lotto-Millionärs Charles - nachvollziehbar, wirken authentisch...speziell aus der "Innenperspektive" der Sprache der Dargestellen. Wunderbar ist, dass sie alle selbst zu Wort kommen & sich geradezu selbst darstellen.

Doch dann beginnt das Unheil, das sich erstmals im völlig belanglosen Handlungsstrang des ins Koma geprügelten Xavier (der dann plötzlich als völlig gesundet wieder auftaucht und seinem Peiniger Loic vergibt, der dann seinerseits von seinen rechten Kameraden totgeschagen wird) anbahnt...zu plump.

Der nächste "thriller-inspirierte" Handlungsstrang - in dem Despentes scheinbar versucht ihre Erfahrungen mit der Gewalt, die Frauen (ihr selbst?) angetan wurden, in von Lisbeth Salander inspirierten Fantasien zu verarbeiten - führt dann in eine Abwärtsspirale an literarischer Qualität...was aber immerhin dazu führt, dass der Stoff sich immer besser als Vorlage für eine gewollt & daher nur mehr bedingt kontroversielle Fernsehserie eignen könnte.
Die Lisbeth Salander Story entwickelt sich dann - sehr pessimistisch in einen Girlie-Thiller a la Shyamalan's "Split" ohne Happy End.
Den (negativen Höhepunk) erreicht die Rahmenhandlung dann mit der Katastrophe, die zu sehr an die "Rote Hochzeit" aus Game Of Thrones erinnert - bis der Roman dann mit einer trivialen Science Fiction Parodie (?) auf einen messianischen Kult des Tanzes (immer wieder dieses Tanzen als Untergrundbewegung, Despentes liebt das Tanzen offensichtlich sehr) endet...

Es sieht fast so aus als hätte Despentes zahllose (teilweise geniale) Studien über zahlreiche Charaktere der französischen Gesellschaft der Gegenwart gesammelt und ist dann daran gescheitert, sie in einen größeren Handlungszusammenhang zu bringen.
Am Ende überwiegt leider die Enttäuschung über einen seichten Handlungsbogen & einen Abschluß, der selbst das Niveau weniger gelungener Netflix Science Fiction Serien unterbietet.
Daher Band 1: 3 Sterne, Band 2: 4 Sterne, Band 3: 2 Sterne - wenn überhaupt...schade.


Leila Slimani (*1981)

All das zu verlieren (2015)

Begonnen - der Sprachduktus und die Art der Darstellung enttäuschen schon in den ersten Abschnitten - man glaubt zu verstehen, was die Autorin uns sagen will, man fühlt eine Tiefe, aber die (gewollt?) unpretenziöse Art gleitet immer wieder ins Belanglose, ins Uninteressante ab...vielleicht gewinnt der Roman ja im weiteren Verlauf...

Speziell in der erten Hälfte des Buches wirkt die gesucht sachlich-kurzatmige Manier der Sprache einfach lächerlich - speziell die jeweils ersten Sätze der Kapitel:

"Seit einer Woche hält sie durch."
"Sie verlassen das Zimmer."
"Sie hat ein granatrotes Kleid ausgewählt."
"Adele setzt eine unbeteiligte Miene auf."
"Adele begleitet die Robinsons nicht zur Mitternachtsmette."
"Adels hat keine Lust, zu dem Essen zu gehen."


Diese Manier gipfelt in Lächlichkeiten wie:

"Adeles Freundinnen sind schön."
"Adele hat gut geschlafen.
"

Allerdings kann das teilweise an einer unglücklichen Übersetzung liegen, das französische Original kann ich nicht beurteilen.


Am Ende blieb doch der Eindruck eines lesenswerten Buchs, das vieles offen lässt und zum Nachenken anregt.
 

Igort (*1958)

Berichte aus Japan 2 - Ein Zeichner auf Wanderschaft (2018)

tw. wenig überraschender Inhalt, die üblichen Beobachtungen Japan-Reisender...doch sehr schöne Darstellung.