Freitag, 9. November 2018

Notizen November 2018


Thomas Mann (1875 - 1955)


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Der Zauberberg (1924)

Schon vor 30 Jahren beeindruckte mich dieses Buch wie kaum ein anderes der deutschsprachigen Literatur...aber heute noch mehr. Vielleicht liegt das daran, dass ich jetzt ungefähr in dem Alter bin, in dem Thomas Mann dieses Buch geschrieben hat...


»Ja, die Zeit ist ein rätselhaftes Ding, es hat eine schwer klarzustellende Bewandtnis mit ihr!«
 »Sie kennen den Trick, in der Sklaverei Ihren Stolz zu bewahren. Ein verwirrender Trick. Nicht jedermann in Europa versteht sich darauf.«
 »Siehst du nicht ganz gern einen Sarg? Ich sehe ganz gern mal einen. Ich finde, ein Sarg ist ein geradezu schönes Möbel, schon wenn er leer ist, aber wenn jemand darin liegt, dann ist es direkt feierlich in meinen Augen.«

»Begräbnisse haben so etwas Erbauliches, - ich habe schon manchmal gedacht, man sollte, statt in die Kirche, zu einem Begräbnis gehen, wenn man sich ein bißchen erbauen will. Die Leute haben gutes schwarzes Zeug an und nehmen die Hüte ab und sehen auf den Sarg und halten sich ernst und andächtig, und niemand darf faule Witze machen, wie sonst im Leben. Das habe ich sehr gern, wenn sie endlich mal ein bißchen andächtig sind.« »Das Opiat ist vom Teufel, denn es schafft Dumpfsinn, Beharrung, Untätigkeit, knechtischen Stillstand ... «


»Russen fahren immer spazieren.«

»Ach ja, die Ironie! Hüten Sie sich vor der hier gedeihenden Ironie, Ingenieur! Hüten Sie sich überhaupt vor dieser geistigen Haltung! Wo sie nicht ein gerades und klassisches Mittel der Redekunst ist, dem gesunden Sinn keinen Augenblick mißverständlich, da wird sie zur Liederlichkeit, zum Hindernis der Zivilisation, zur unsauberen Liebelei mit dem Stillstand, dem Ungeist, dem Laster.«
»Krankheit und Verzweiflung [...] sind auch oft nur Formen der Liederlichkeit.«

Friedrich Hölderlin (1770 - 1842)

Des Morgens (1799)

Vom Thaue glänzt der Rasen; beweglicher
  Eilt schon die wache Quelle; die Buche neigt
    Ihr schwankes Haupt und im Geblätter
      Rauscht es und schimmert; und um die grauen

Gewölke streifen röthliche Flammen dort,
  Verkündende, sie wallen geräuschlos auf;
    Wie Fluthen am Gestade woogen
      Höher und höher die Wandelbaren.

Komm nun, o komm, und eile mir nicht zu schnell,
  Du goldner Tag, zum Gipfel des Himmels fort!
    Denn offener fliegt, vertrauter dir mein
      Auge, du Freudiger! zu, solange du

In deiner Schöne jugendlich blikst und noch
  Zu herrlich nicht, zu stolz mir geworden bist;
    Du möchtest immer eilen, könnt ich,
      Göttlicher Wanderer, mit dir! - doch lächelst

Des frohen Übermüthigen du, daß er
  Dir gleichen möchte; seegne mir lieber dann
    Mein sterblich Thun und heitre wieder,
      Gütiger! heute den stillen Pfad mir!


Johannes Brahms (1833 - 1897)

Ein Deutsches Requiem nach Worten der heiligen Schrift, op. 45 (1868)

I.

[Ziemlich langsam und mit Ausdruck. F-Dur, C]
Selig sind, die da Leid tragen,
denn sie sollen getröstet werden.

(Matthäus 5, 4)

Die mit Tränen säen,
werden mit Freuden ernten.
Sie gehen hin und weinen
und tragen edlen Samen,
und kommen mit Freuden
und bringen ihre Garben.

(Psalm 126, 5.6.)

II.

[Langsam, marschmäßig, b-Moll, 3/4]
Denn alles Fleisch, es ist wie Gras
und alle Herrlichkeit des Menschen
wie des Grases Blumen.
Das Gras ist verdorret
und die Blume abgefallen.

(1. Petrus 1, 24)

[Etwas bewegter. Ges-Dur, 3/4]
So seid nun geduldig, liebe Brüder,
bis auf die Zukunft des Herrn.
Siehe, ein Ackermann wartet
[23]
auf die köstliche Frucht der Erde

und ist geduldig darüber,
bis er empfahe den Morgenregen und Abendregen.
So seid geduldig.

(Jakobus 5, 7)

[Tempo I. b-Moll, 3/4]
Denn alles Fleisch, es ist wie Gras
und alle Herrlichkeit des Menschen
wie des Grases Blumen.
Das Gras ist verdorret
und die Blume abgefallen.

[Un poco sostenuto. B-Dur, C]
Aber des Herren Wort bleibet in Ewigkeit.

(1. Petrus 1, 24. 25)

[Allegro non troppo, B-Dur, C]
Die Erlöseten des Herrn werden wiederkommen,
und gen Zion kommen mit Jauchzen;
Freude, ewige Freude,
wird über ihrem Haupte sein;
Freude und Wonne werden sie ergreifen,
und Schmerz und Seufzen wird weg müssen.

(Jesaja 35, 10)

III.

[Andante moderato, d-Moll. C]
Herr, lehre doch mich,
daß ein Ende mit mir haben muß.
und mein Leben ein Ziel hat,
und ich davon muß.
Siehe, meine Tage sind
einer Hand breit vor Dir,
und mein Leben ist wie nichts vor Dir.

[24]

[(Andante moderato. d-Moll) 3/2]
Ach wie gar nichts sind alle Menschen,
die doch so sicher leben.
Sie gehen daher wie ein Schemen
und machen ihnen viel vergebliche Unruhe;
sie sammeln und wissen nicht,
wer es kriegen wird.
Nun Herr, wes soll ich mich trösten?

[(Andante moderato.) D-Dur (3/2)]
Ich hoffe auf Dich.

(Psalm 39, 5-8)

[(Andante moderato.) d-Moll, C]
Der Gerechten Seelen sind in Gottes Hand
und keine Qual rühret sie an.

(Weisheit Salomos 3, 1)

IV.

[Mäßig bewegt. Es-Dur, 3/4]
Wie lieblich sind Deine Wohnungen,
Herr Zebaoth!
Meine Seele verlanget und sehnet sich
nach den Vorhöfen des Herrn;
Mein Leib und Seele freuen sich
in dem lebendigen Gott.
Wohl denen, die in Deinem Hause wohnen,
die loben Dich immerdar.

(Psalm 84, 2.3.5)

V.

[Langsam. G-Dur, C]
Ihr habt nun Traurigkeit;
aber ich will euch wiedersehen,
und euer Herz soll sich freuen,
[25]
und eure Freude soll niemand von euch nehmen.


(Johannes 16, 22)

Ich will euch trösten,
wie einen seine Mutter tröstet.

(Jesaja 66, 13)

Sehet mich an: Ich habe eine kleine Zeit
Mühe und Arbeit gehabt
und habe großen Trost gefunden.

(Jesus Sirach 51, 35)

VI.

[Andante. c-Moll, C]
Denn wir haben hie keine bleibende Statt,
sondern die zukünftige suchen wir.

(Hebräer 13, 14)

Siehe, ich sage Euch ein Geheimnis:
Wir werden nicht alle entschlafen,
wir werden aber alle verwandelt werden;
und dasselbige plötzlich in einem Augenblick,
zu der Zeit der letzten Posaune.

[Vivace. c-Moll, 3/4]
Denn es wird die Posaune schallen
und die Toten werden auferstehen unverweslich;
und wir werden verwandelt werden.
Dann wird erfüllet werden das Wort,
das geschrieben steht.
Der Tod ist verschlungen in den Sieg.
Tod, wo ist dein Stachel?
Hölle, wo ist dein Sieg?

(1 Korinther 15, 51.52.54.55.)

[26]

[Allegro. C-Dur, C]
Herr, Du bist würdig
zu nehmen Preis und Ehre und Kraft,
denn Du hast alle Dinge erschaffen,
und durch Deinen Willen haben sie das Wesen
und sind geschaffen.

(Offenbarung Johannis 4, 11)

VII.

[Feierlich. F-Dur, C]
Selig sind die Toten,
die in dem Herrn sterben,
von nun an.
Ja, der Geist spricht,
daß sie ruhen von ihrer Arbeit;
denn ihre Werke folgen ihnen nach.

(Offenbarung Johannis 14, 13)