Montag, 2. September 2024

Notizen September 2024

Notizen September 2024



Henning Mankell (1948 - 2015)

Mord im Herbst (Handen, 2004)

Das war jetzt der letzte Wallander-Roman, den ich noch nicht gelesen hatte. Auffällig ist die Kürze, die vermutlich seiner Entstehungsgeschichte geschuldet ist. Persönlich hat mich dieser Roman ebenso gut unterhalten wie die längeren Wallander-Romane. Ich empfand es sogar als erfrischend, einmal einen Kriminalroman von Mankell zu lesen, der ohne die mäandernden Wiederholungen und die Langatmigkeit auskommt. Im letzten Drittel erfolgt die Auflösung des Kriminalrätsels dann doch etwas lustlos und knapp.

Störend ist das formelhafte Ende, das sich in beinahe jedem Roman wiederholt: Kurt Wallander begibt sich wider besseres Wissen leichtsinnig in tödliche Gefahr und wird in letzter Sekunde nur durch einen eher unwahrscheinlichen Zufall gerettet. Das funktioniert ein- oder zweimal, aber bitte nicht zum zehnten Mal...

Trotzdem spiele ich mit dem Gedanken, alle Wallander Romane in "chronologischer" Reihenfolge nochmal zu lesen.




Hans Werner Kettenbach (1928 - 2018)

Minnie oder ein Fall von Geringfügigkeit (1984)

Noch so ein Roman aus den 1980er Jahren, von dem ich dachte, dass er wohl schon ziemlich in Vergessenheit geraten sei, aber laut Amazon-Bestseller-Verkaufslisten liegt das Buch mit einem Rang um 1,2 Millionen scheinbar doch noch nicht ganz am Grund der Vergessenheit.
Und 2005 scheint sogar eine französische Übersetzung erschienen zu sein, eine englische Übersetzung konnte ich nicht finden...

Ich muss dazu sagen, dass ich zuerst den Film Tennessee Nights (aus dem Jahr 1989) mit Julian Sands und Stacey Dash gesehen habe, also vor wenigen Wochen zum zweiten Mal... das erste Mal wohl im Juli 1991.
Befremdet hat mich, dass der Film bis zum letzten Viertel so nah an der Buchvorlage (abgesehen von der Herkunft der Hauptfigur, die im Buch Deutscher, im Film aber Engländer ist) umgesetzt wurde, am Ende aber so gravierend abweicht.

Der Film beginnt ähnlich wie das Buch: Was als Erholungsurlaub geplant war, entwickelte sich anders als gedacht. Nach erfolgreichen Verhandlungen in Nashville wollte Wolfgang Lauterbach eine Woche lang ohne Zeitdruck den Süden der USA erkunden. Doch während heftiger Regenfälle gerät er in einem Motel nahe der Autobahn in ein mysteriöses Geschehen. Plötzlich scheint es, dass fremde Menschen, denen er nie zuvor begegnet war, ihm nach dem Leben trachten. Im Buch gibt es kein "Happy End", der Protagonist Lauterbach wird nicht "geläutert", im Gegenteil: In Rage über den vermeintlichen Verrat hat er „grenzwertig einvernehmlichen“ Sex mit Minne auf der Rückbank seines Mietwagens, wirft sie dann aus dem Auto, und als sie verhaftet wird, leugnet er bis zuletzt, sie zu kennen. Der Bankraub und die Beute bleiben völlig ungeklärt, alle Bedrohungen, die Lauterbach zu erkennen geglaubt hat, waren Fehlschlüsse und Einbildungen.

Erst in Sicherheit auf dem Rückflug nach Deutschland beginnt er sich zu fragen, warum sie ihn nicht verraten hat, aber bevor er an seinem Handeln zu zweifeln beginnt, fängt er an, mit der blonden Stewardess zu flirten und versucht, eine Affäre für ihren Aufenthalt in Frankfurt einzufädeln, bevor er zu seiner Verlobten zurückkehrt.

So gesehen ein sehr guter Roman, der in manchen Punkten doch einen schalen Beigeschmack hinterlässt. So kann man zugestehen, dass im Jahre 1984 das Wort N...r in der deutschen Sprache noch durchaus unverfänglich und legitim verwendet werden konnte. Kettenbach daraus im Nachhinein einen Vorwurf machen zu wollen, wäre schlichtweg ungerechtfertigt, da der Sprachgebrauch im Deutschland der frühen 80er Jahre so noch als legitim beurteilt wurde. Grenzwertig wird es dann bei der genaueren Betrachtung des Zusammenhangs, in dem das Wort im Text von Kettenbach jeweils verwendet wird. N...r wird überwiegend für Männer verwendet, während er schwarze Frauen meist so oder „dunkelhäutig“ nennt. Weiße Amerikaner werden mit Namen, Berufen oder Funktionen benannt, schwarze Amerikaner fast ausschließlich als N...r. Besonders auffällig wird das dann in der Gefängniszelle. Die beiden weißen Insassen erhalten Namen, Jimmy und Duke, der schwarze Insasse wird ausschließlich der N...r genannt, obwohl er der einzige ist, der sich für Lauterbach einsetzt und ihn sogar körperlich beschützt. Vielleicht setzt Kettenbach diese Dissonanz bewusst ein, vielleicht drückt er damit die Sichtweise der Hauptfigur aus, was aber nicht ganz aufgeht, da die Erzählung ja nicht in der Ich-Perspektive stattfindet, sondern von einer allwissenden dritten Person erzählt wird.

Aber abgesehen davon immer noch ein Roman, der seit seinem Erscheinen vor vierzig Jahren kaum an Aktualität eingebüßt hat. Die Meinungen, Vorurteile, Beschränktheit des „Jedermanns“ Lauterbach bestehen heute noch fast unvermindert in unserer mitteleuropäischen Gesellschaft fort.


Graham Greene (1904 - 1991)

A Burnt-Out Case (1960)

Liest sich beinahe wie der Abgesang Greenes auf seinen katholischem Glauben. Hochinteressant zu lesen, auch stimmungsvoll und authentisch in der Darstellung des Kongo, nur im zweiten Drittel etwas langwierig und sehr dialog-lastig.


Hugo Ball (1886 - 1927)

Zur Kritik der deutschen Intelligenz (1919)

https://www.deutschestextarchiv.de/book/show/ball_intelligenz_1919

Zitat: 
"Es kennzeichnet die Freiheit, dass sie so wenig verwirklicht werden kann, wie Gott zu verwirklichen ist. Es gibt keinen Gott ausser in der Freiheit, wie es keine Freiheit gibt ausser in Gott."

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